Die Ökologische Station Solling-Vogler in der Trägerschaft des Naturparks Solling-Vogler hat ihrem Fachbeirat, der aus Akteuren der Land- und Forstwirtschaft, aus Naturschutzbehörden und -verbänden sowie aus der Wissenschaft, des Tourismus und der Heimatpflege zusammensetzt, ihre Arbeit und die Ergebnisse des vergangenen Jahres vorgestellt.
Der Schwerpunkt lag auf der Erhaltung und Entwicklung von artenreichem Grünland. Pflanzen, Tiere und Lebensgemeinschaften wurden erfasst und Vorschläge für die weitere Nutzung gemacht. Besonders gefreut haben sich die Mitarbeitenden über die Wiederentdeckung von zwei Arten, die Jahrzehnte lang verschwunden waren: den Wendehals, eine Sprechtart, sowie den Abbiss-Pippau, ein Korbblütler.
Der Wendehals wurde im vergangenen Jahr in den Streuobstwiesen in der „Rühler Schweiz“ entdeckt, nachdem er lange Zeit im Landkreis Holzminden nicht mehr vorkam. Der gefährdete Spechtvogel findet hier Bedingungen vor, die in der Landschaft selten geworden sind. Zum einen gibt es in den alten Kirschbäumen viele Höhlen, die er mit seinem dünnen Schnabel nicht selbst bauen kann. Im artenreichen Grünland darunter gibt es reichlich Nahrung für den Wendehals, denn die extensive Rinderbeweidung mit vielen Blütenpflanzen, offenen Bodenstellen und Dunghaufen bietet ideale Lebensräume für Insektenarten. Die Hauptnahrung des Wendehalses sind Ameisen, welche in Hügeln unter der Grasdecke leben, wo keine landwirtschaftlichen Maßnahmen wie Striegeln und Walzen durchgeführt werden.
Nachdem der Abbiss-Pippau fast fünfzehn Jahre lang verschollen war, gelang der ÖSSV im vergangenen Jahr ein Wiederfund an den Holzbergwiesen. Der Abbiss-Pippau (Crepis praemorsa) ist eine sehr konkurrenzschwache Art und wächst vor allem auf lückigen Magerrasen. Die Art ist zweijährig und stirbt nach der Samenreife ab.
Die gelben Korbblütler sind eine artenreiche Gruppe mit einigen sehr häufigen Arten. Im Vergleich zu den häufigeren Arten unterscheidet sich der Abbiss-Pippau durch das Fehlen jeglicher Blätter am Stängel, durch die Grundrosette mit ganzrandigen Blättern und durch die hellgelbe Farbe der Blütenblätter. Darüber hinaus kommen in Magerrasen in der Regel keine weiteren Arten dieser Gruppe vor.
Aufgabe der Ökologische Station ist es, diese Art vor dem erneuten Verschwinden zu bewahren. Dazu sind bis zur Stabilisierung der Population, die zurzeit nur aus bis zu fünf Pflanzen besteht, einerseits die für eine lückige Grasnarbe notwendige Beweidung zugelassen werden, andererseits muss durch Einzelschutz verhindert werden, dass die Blüten vor der Aussamung gefressen werden.
Die Naturschutzberatung der Ökologischen Station beriet 77 landwirtschaftliche Betriebe zu Agrarumweltmaßnahmen, darunter 15 neue Betriebe. Außerdem wurden drei Gruppenqualifizierung im FFH-Gebiet Ilme (in Zusammenarbeit mit der Landberatung Northeim), im NSG Hellental und im NSG Ithwiesen durchgeführt, bei denen die Kennartenbestimmung für die landwirtschaftliche Förderung artenreichen Grünlands erläutert und geübt wurde. Generell besteht seitens der Landwirtschaft eine hohe Nachfrage der Vertragsbegleitung durch die ÖSSV, da das Agrar-Fördersystem insbesondere im Zusammenspiel mit Schutzgebieten, Förderkulissen, geschützten Biotopen und unterschiedlichen behördlichen Zuständigkeitsgebieten eine besonders hohe Komplexität aufweist.