Mit der aktuellen Sonderausstellung „Scherben zum Glück” entführt das Museum Schloss Fürstenberg in eine Zeit des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs und erzählt gleichzeitig eine große Liebesgeschichte.
Es war eine spannungsreiche Zeit, als 1913 Victoria Luise, die einzige Tochter von Kaiser Wilhelm II., den Hannoveraner Welfenprinzen Ernst August heiratete. Zum letzten Mal vor dem Ersten Weltkrieg versammelte sich der europäische Hochadel. Die politisch willkommene Hochzeit war gleichzeitig eine Liebesheirat – eine Geschichte, die bis heute fasziniert. Denn vorangegangen waren mehrere Jahrzehnte des Streites zwischen den Adelshäusern der Hohenzollern und der Welfen. Die Verbindung von Victoria Luise und Ernst August markierte das Ende der Feindschaft und wurde auch in der damaligen Presse mit großem Interesse verfolgt.
Die Hochzeitsgeschenke für das Paar waren mehr als großzügig. So schenkte das Landesdirektorium der Provinz Hannover ein herrschaftliches Porzellanservice für 50 Personen und bis zu elf Gängen. Fast 700 Einzelteile wurden dafür in der bayerischen Porzellanmanufaktur Nymphenburg aufwändig angefertigt und von Hand bemalt. Das Museum Schloss Fürstenberg präsentiert in der Sonderausstellung „Scherben zum Glück” dieses Service erstmals in großem Umfang der Öffentlichkeit. Die Besucher*innen lernen sowohl das Herzogspaar kennen als auch die spannende Geschichte rund um dieses einmalige Hochzeitsgeschenk. Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt mit der Richard Borek Stiftung, Braunschweig und ermöglicht ein Eintauchen in die längst vergangene Welt höfischer Prachtentfaltung, deren Fundamente 1913 aber bereits wackelten.
Für das umfangreiche Service wurde eine bereits bestehende Form der Porzellanmanufaktur Nymphenburg genutzt: das „Kurfürstliche Service” aus dem 18. Jahrhundert. Damit stellte man sich in die Tradition und demonstrierte die Fähigkeiten der Porzellankunst der vergangen 150 Jahre. Dem Trend der damaligen Zeit entsprechend ist das Hochzeitsgeschirr für einen service à la russe, angelegt, bei dem die Gänge nacheinander aufgetragen werden. Ein von Josef Wackerle modellierter Tafelaufsatz des springenden Welfenrosses ist ein Highlight des Service und ebenfalls im Museum Schloss Fürstenberg ausgestellt.
Alle Teile wurden zudem aufwendig von Hand bemalt. „Interessant ist der Bezug zu herrschaftlichen, dynastischen Servicen. Es wurden zwei Hauptdekore gewählt, die einst exklusive Anfertigungen für Herrscher waren”, sagt Dr. Christian Lechelt, Leiter des Museum Schloss Fürstenberg. Ein prächtiger Blumendekor schmückt die Teller für salzige Speisen. Der Blumendekor ist nach dem Vorbild des ersten kurfürstlichen Hofservices gestaltet, das die Wittelsbacher um 1765 bei der Nymphenburger Manufaktur bestellt hatten. Der Maler Johann Zächenberger schuf dafür außergewöhnliche, besonders qualitätvolle Blumenmalereien. Der zweite Dekor ist ein Vogeldekor nach dem Vorbild eines weiteren berühmten kurfürstlichen Services der Wittelsbacher: dem „Vogelservice” der Porzellanmanufaktur Frankenthal. Es entstand ab 1762 für Karl Theodor, Herrscher über die Kurpfalz, später Kurfürst von Bayern. Eine symbolische Bedeutung kommt im eigentlichen Sinne den bunten Vögeln nicht zu. Wenn sie im 18. Jahrhundert als Boten einer paradiesischen Exotik gelten konnten, wurden sie 1913 nur noch rein dekorativ verstanden.
„Scherben zum Glück” zeigt darüber hinaus alle 49 von ehemals 50 Desserttellern mit handgemalten Ansichten aus dem früheren Königreich Hannover und dem Herzogtum Braunschweig.
Die Ausstellung begeistert neben Porzellanfans und Geschichtsinteressierten auch Liebende und Hochzeitsplaner*innen. Schließlich kann man sich in der Porzellanmanufaktur Fürstenberg nicht nur individuelles Porzellan mit Aufschriften oder Widmungen anfertigen lassen, sondern im Schloss selbst heiraten.
Die Sonderausstellung kann bis zum 27. April 2025 besichtigt werden.
Mehr Infos unter www.fuerstenberg-schloss.com.