Anders als in der christlichen Totenkultur, in der Gräber nach wenigen Jahrzehnten eingeebnet werden, sind jüdische Friedhöfe für die Ewigkeit angelegt. Im jüdischen Glauben sind sie „das Einzige, was noch erinnert“, so Julia Drinnenberg, im Stadtmuseum Hofgeismar für die Judaica-Abteilung zuständig und Begründerin zahlreicher Initiativen gegen das Vergessen der Verbrechen an jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in der Region.
Es liegt also nahe, die Friedhöfe der jüdischen Gemeinen als Orte des ewigen Erinnerns zu erforschen und die Ergebnisse in Handbüchern aufzuarbeiten und so gegen das Vergessen zu arbeiten. Insgesamt gibt es im Landkreis Kassel noch zehn unerforschte jüdische Friedhöfe, die im vergangenen Jahr von Schülerinnen und Schülern der örtlichen Schulen erforscht wurden. Aus den Ergebnissen dieser Forschungsarbeiten werden nach und nach Handbücher entstehen. Diese sollen Interessierten Orientierung beim Besuch des jeweiligen Friedhofes, aber auch geschichtliche Hintergründe und Informationen zu den Verstorbenen geben. „Für die Nachfahren sind die Friedhöfe eine bedeutende Stätte der Erinnerung“, weiss Julia Drinnenberg aus vielen Begegnungen mit Hinterbliebenen.
Nachweislich seit vierhundert Jahren existierte in Bad Karlshafen und Helmarshausen eine jüdische Gemeinde, entsprechend alt ist auch der jüdische Friedhof in Helmarshausen. Viele Gräber wurden im Laufe des verbrecherischen nationalsozialistischen Regimes zerstört. Mit diesen Zerstörungen sollte das Zeugnis jüdischen Lebens ausgelöscht werden. Viele Grabsteine verschwanden dabei völlig, aber auch die Witterung hat den Inschriften stark zugesetzt. So war es dann, neben dem Entziffern der unbekannten hebräischen Schrift auf den Steinen, eine sehr herausfordernde Aufgabe, der sich die Schüler des Religionskurses der Jahrgangsstufe 8 der Marie-Durand-Schule gestellt hatten. Die hebräischen Inschriften hat Dvora Nekrich, Frau des derzeitigen Kasseler Rabbiners übersetzt, zu jedem Verstorbenen wurden Informationen aus heute noch vorhandenen Quellen ergänzt. So ist es möglich, den stummen Zeugen der Vergangenheit eine Stimme zu verleihen.
Leider konnten den insgesamt 50 Gräbern nicht immer Namen zugeordnet werden. Aber dennoch ist das Handbuch, welches jetzt an die Stadt Bad Karlshafen überreicht wurde, ein wertvoller Beitrag zur Information und soll jedem Besucher des jüdischen Friedhofs gemeinsam mit dem Schlüssel zur Verfügung gestellt werden.