Erleichterung und Freude in der gesamten Region sind groß: Bundesumweltministerin Steffi Lemke gab am 12. Dezember in einer Pressekonferenz bekannt, dass das Thema Atommüll-Zwischenlager Würgassen vom Tisch ist.
Lemke in einem Statement ihres Ministeriums: „Wir haben uns dafür entschieden, das Verfahren für ein gesondertes Logistikzentrum für das Endlager Konrad zu beenden. Damit schaffen wir Klarheit und Verlässlichkeit für alle Beteiligten. Intensive Prüfungen des Bundesumweltministeriums und der fortwährende Austausch mit den beteiligten Landesregierungen führen zu einem klaren Ergebnis: Das Logistikzentrum lässt sich nicht mehr rechtzeitig realisieren, um wie ursprünglich geplant schwach- und mittelradioaktive Abfälle schneller in das Endlager Konrad einlagern zu können. Ein zu spät fertig werdendes Logistikzentrum wäre nach sorgfältiger Abwägung aller Fakten eine milliardenschwere Fehlinvestition, die es zu vermeiden gilt. Das notwendige Ende des Logistikzentrums bedeutet aber auch, dass das Endlager Konrad nun länger in Betrieb sein wird. Die Transporte dorthin aus Atommüll-Zwischenlagern im ganzen Land werden unsere Gesellschaft über Jahrzehnte belasten. Insbesondere die Menschen, die an den Zwischenlagern und in der Endlager-Region leben, verdienen unseren Respekt und unsere Dankbarkeit. Es ist gut, dass wir dank Atomausstieg keine weiteren radioaktiven Abfälle aus Atomkraftwerken mehr produzieren. Das Atommüll-Problem ist bereits groß genug. Es gilt, dieses mit aller Kraft zu lösen.”
Hubertus Grimm, Bürgermeister von Beverungen, hierzu in einer Stellungnahme: „Als Bürgermeister der Stadt Beverungen bin ich seit dem 6. März 2020 intensiv mit dem geplanten zentralen Bereitstellungslager in Würgassen beschäftigt. Durch die hervorragende Arbeit der Bürgerinitiativen und dem engen Zusammenschluss der Kommunen der Region ist es gelungen, viele Schwachstellen der von der BGZ durchgeführten Planung aufzudecken. Vom ersten Tag an haben wir auf die mangelnde Infrastruktur des Standortes hingewiesen. Hinzu kamen weitere Punkte wie der Hochwasserschutz und die Geologie. Der Bereich des früheren Kraftwerks in Würgassen ist im Regionalplan für OWL als Energiestandort ausgewiesen. Im Rahmen der Energiewende ist dieser Ort viel zu wertvoll, als dass er als Atommüllzwischenlager genutzt wird. Zudem widerspricht die Planung eines Bereitstellungslagers diesem Regionalplan, womit die Genehmigungsfähigkeit fehlt. Am Ende hätten möglicherweise Gerichte für eine Entscheidung sorgen müssen.” Grimm dankte allen, die sich in stets friedlichem Protest engagiert hatten.
Tino Wenkel, Samtgemeindebürgermeister Boffzen nannte die Entscheidung „ein Weihnachtsgeschenk für das Weserbergland.” Es habe sich ausgezahlt, immer wieder sachorientiert zu argumentieren und den guten Glauben an einer objektiven Sachentscheidung nicht zu verlieren. Vor allem die bedingungslose Unterstützung der Bürgerinitiativen haben dazu geführt, dass offensichtlich noch rechtzeitig die Entscheidungsträger in Berlin zum Umdenken gebracht werden konnten. „Auch Dank der guten und engen Abstimmung zwischen den Ländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen kann dieser Erfolg für die gesamte Region verbucht werden. Hierzu haben auch die klaren Statements der Landesregierung NRW, des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil und des niedersächsischen Umweltministers Christian Meyer beigetragen”, so Wenkel.
MdB Christian Haase nahm auf seiner Webseite Stellung: „Wir freuen uns, dass sich die sachlichen Argumente durchgesetzt haben. Am Ende hat auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis einen Ausschlag gegeben. Meine Aktivitäten in Berlin und in Richtung des Bundesrechnungshofes haben Wirkung gezeigt. Besonders möchte ich mich auch bei Akteuren vor Ort für das gute Miteinander bedanken – insbesondere beim Bürgermeister Grimm und den Bürgerinitiativen. Auch die klare, ablehnende Haltung der Länder zum Verfahren hat uns den Rücken gestärkt.”
Die Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck nannte die Abkehr des Bundes von Standort Würgassen „einen großen Erfolg”, der an die Auseinandersetzung David gegen Goliath erinnere. „Zur Erreichung des Zieles kam für unsere Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck jedoch niemals der Einsatz einer Steinschleuder in Betracht“, so der erste Vorsitzende Martin Ahlborn. „Nur eine kontinuierliche auf Sachargumenten basierende Zusammenarbeit mit den regionalen Kommunen, insbesondere mit Beverungens Bürgermeister, sowie einer länder- als auch parteiübergreifenden Abstimmung war für uns ein gangbarer Weg zum Ziel“. Ohne die geschlossene Zusammenarbeit aller Akteure und der loyalen Vereinsmitglieder, die dem Vorstand vertrauensvoll den Rücken stärkten, sei dieser Erfolg nicht möglich gewesen. Eine wirksame Strategie, die auch Dank professioneller Berater wie z.B. Rechtsanwalt Philipp Heinz aus Berlin und dem Verkehrsplanungsbüro RegioConsult abgerundet wurde.
Michael Schünemann, Landrat des Landkreises Holzminden, äußerte sich: „Ich bin froh, dass man in Berlin endlich zu der Einsicht gelangt ist, das Logistikzentrum in Würgassen für schwach- und mittelradioaktive Abfälle nicht zu realisieren.” Auch Schünemann dankte der engagierten Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck und den Standort Arbeitskreis Würgassen. „Die Bürgerinitiative und der Standort-Arbeitskreis haben in den letzten Jahren hervorragende Arbeit geleistet, um ihre Stimme gegen das geplante LOK zu erheben“, so der Landrat.
Auch Andreas Siebert, Landrat des Landkreises Kassel, nahm Stellung: „Die heute von Bundesumweltministerin Steffie Lemke getroffene Entscheidung zeigt, dass man in Berlin doch noch erkannt hat, welche gravierenden Mängel die Pläne der BGZ aufgewiesen haben. Weder der fehlende Hochwasserschutz, noch der zweigleisige Ausbau für den geplanten Güterverkehr wurden darin berücksichtigt. Der jetzt vollzogene Kurswechsel ist eine Bestätigung für alle Beteiligten, die sich entschieden gegen das Projekt gestellt haben. Ihnen allen gilt mein Dank für ihren unermüdlichen Einsatz.” Der Kreistag Kassel hatte sich bereits früh positioniert und gegen Würgassen ausgesprochen. Darüber hinaus beteiligte sich der Landkreis Kassel auch finanziell an der Erstellung eines neuen und unabhängigen Gutachtens, um die Schwachstellen in der Planung der BGZ für das Zentrale Bereitstellungslager aufzuzeigen. „Wäre die Entscheidung anders ausgefallen, hätten wir als Landkreis Kassel gemeinsam mit den anderen betroffenen Kommunen Klage eingereicht. Ich bin froh, dass es anders gekommen ist”, sagte Siebert abschließend.
Der SPD Kreisverband Höxter nannte die Entscheidung einen Erfolg der ganzen Region. „Unser Dank gilt den Bürgerinitiativen, die mit ihrem Engagement maßgeblich zum Erfolg beigetragen haben, dass sich die gesamte Region im Drei-Ländereck gegen das Vorhaben positioniert hat. Es ist ein Erfolg der Region, der gezeigt hat, dass länderübergreifende Solidarität und hartnäckige gesellschaftliche und politische Arbeit auch schwere Hürden überwinden und Ziele erreichen kann”, so das Statement der Sozialdemokraten.
Josef Schlüter, Vorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Kreis Höxter, zur Entscheidung: „Wir sind außerordentlich froh und erleichtert über diese Entscheidung, die Ministerin Steffi Lemke heute verkündet hat. Das Ende der Atommüllpläne für Würgassen ist ein Sieg der Vernunft und der guten Argumente. Das ist der Erfolg des sich auf akribische Sacharbeit gründenden solidarischen Widerstands über Bundesländergrenzen hinweg und parteiübergreifend. Wir danken allen Engagierten für ihren enormen Einsatz. Namentlich hervorheben möchten wir vor allem die Arbeit von Dirk Wilhelm sowie von den beiden grünen Mitgliedern im Beverunger Stadtrat Petra Tewes und Reinhard Grünzel, die ehrenamtlich über einen langen Zeitraum Außergewöhnliches geleistet haben. Alle, die heute jubeln, dass die Atommüllpläne für Würgassen beendet wurden, sollten sich verpflichtet fühlen, sich auch gegen eine diskutierte Wiederaufnahme der Atomenergienutzung in Deutschland zu engagieren.“