Wenn junge Menschen unter psychischen Belastungen oder Erkrankungen leiden, fällt ihnen der Übergang von der Schule in den Beruf oft ganz besonders schwer. Umso wichtiger sind dann Unterstützungsangebote. Mit einem Fachtag im Berufskolleg Kreis Höxter, an dem rund 250 Personen aus Bereichen wie Schule, Beratung und Ausbildung teilgenommen haben, hat der Kreis Höxter dieses wichtige Thema deshalb in den Mittelpunkt gerückt.
„Die große Beteiligung am Fachtag zeigt, dass das Organisations-Team unserer Kommunalen Koordinierungsstelle für den Übergang von der Schule in den Beruf mit dem Thema einen Nerv getroffen hat“, freute sich Landrat Michael Stickeln, der alle Gäste in der Aula des Berufskollegs in Höxter begrüßte und ihnen für ihre wichtige Arbeit herzlich dankte.
Die Belastung von Kindern und Jugendlichen sei hoch, das belegten auch Studien. „Immer öfter treten depressive Stimmungen auf oder der psychische Stress zeigt sich im Körper beispielsweise durch Kopf- oder Bauchschmerzen, extreme Müdigkeit oder schlechte Laune“, so Landrat Stickeln. „Vor dem Hintergrund der immensen Herausforderungen unserer Zeit wäre es meiner Meinung nach aber unfair, vermessen und falsch, der sogenannten ‚Generation Z‘ eine mangelnde Belastbarkeit zu unterstellen. Das Internet mit den sozialen Netzwerken hat die Rahmenbedingungen für Heranwachsende derart rasant geändert und erschwert, dass ein Vergleich mit anderen Generationen eigentlich unmöglich ist.“
Wie sich psychischen Belastungen oder Erkrankungen auf den Schulalltag auswirken können, macht ein eingespieltes Video deutlich, dass Schülerinnen und Schüler des Höxteraner König-Wilhelm-Gymnasiums gedreht hatten. Darin setzten sie sich mit den Hintergründen von auffälligem Verhalten im Unterricht auseinander, wie Überforderung, übersteigerte Unruhe oder auch Aggressivität. Rückblenden warfen dann bei jedem der verhaltensauffälligen Darstellerinnen und Darsteller ein erhellendes Licht auf die persönlichen Umstände und psychischen Belastungen, mit denen die jungen Menschen konfrontiert waren.
Als Fachreferent erläuterte Dr. Dirk Dammann, Leiter der Klinik Albert-Schweizer-Therapeutikum in Holzminden, die vielfältigen Gründe für die Zunahme von psychischen Belastungen oder Erkrankungen. Ebenso machte er deutlich, wie wichtig in diesem Zusammenhang erlernte Resilienz und sicherer Bindung ist. „Der Begriff beschreibt im Wesentlichen die Fähigkeit eines Menschen, das eigene Leben zu gestalten und Stress und Belastungen bis zu einem gewissen Grad zu bewältigen. Um diese Fähigkeit bereits im Kindesalter zu erlernen, bedarf es eines stabilen sozialen Umfeldes. Falls eine wichtige Bezugsperson ausfällt, sollte es andere geben, die das ausgleichen können“, so der Mediziner. „Kinder brauchen für eine gesunde Entwicklung Erwachsene, auf die sie sich in jeder Lebenslage verlassen können.“
Im Anschluss an den Fachvortrag konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Erfahrungen aus dem beruflichen Alltag austauschen. In 13 verschiedenen Themenräumen wurden einzelne Themen dann nochmals vertieft, wie etwa „Wie erkenne ich Anzeichen psychischer Erkrankungen bei jungen Menschen?“ oder zur Rolle und Einbindung der Eltern psychisch erkrankter Jugendlicher in die berufliche Orientierung ihrer Kinder. Zwischendurch gab es immer wieder Möglichkeiten zum Austausch und zum Vernetzen miteinander.
„Als erster Kreis in NRW haben wir uns dem Thema ‚Junge Menschen mit psychischen Belastungen in der beruflichen Orientierung‘ mit einem solchen Fachtag angenommen. Er ist der Auftakt für eine intensivere Betrachtung dieser Problematik“, erklärt Dominic Gehle, Leiter der Abteilung Bildung und Integration des Kreises Höxter. Ziel aller Beteiligten sei es, keinen jungen Menschen zurück zu lassen und allen die bestmöglichen Bedingungen für die schulische und betriebliche Ausbildung zu bieten. „Daran arbeiten wir als Team der Kommunalen Koordinierung für den Übergang von der Schule in den Beruf gemeinsam mit vielen Partnerinnen und Partnern im Kreis Höxter“, ergänzt Teamleiterin Caroline Rieger.
Die Kommunale Koordinierungsstelle Übergang Schule-Beruf setzt das Landesprogramm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA) zur beruflichen Orientierung um. Das Projekt wird im Kreis Höxter mit finanzieller Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen und des Europäischen Sozialfonds durchgeführt.